Dies ist ein Auszug aus dem Buch Das Praxisbuch Pedelec für Einsteiger - Kaufberatung & Fahrpraxis

Pedelec im Straßenverkehr

Autor: Rainer Gievers - Publiziert im Januar 2021

Für Fahrradfahrer gelten auf der Straße teilweise andere Regeln als für PKW. In den letzten Jah­ren Jahren gab es zudem viele Neuregelungen, die den meisten Teilnehmern im Straßenverkehr nicht bekannt sind. Umsteiger vom Auto oder Motorrad aufs Pedelec müssen sich daher in vielen Punkten umgewöhnen.

Grundlagen

Halten Sie nicht nur während der Fahrt ausreichend Abstand zum rechten Fahrbahnrand (50 cm bis 100 cm) und zu parkenden Autos (75 cm bis 125 cm). Letzteres ist wichtig, nicht nur um Autos bei einem Sturz vor Kratzern und Beulen zu schützen, sondern auch, falls mal einer der Autoin­sassen unerwartet die Tür öffnet.

Geben Sie bei einem Abbiegevorgang ein kurzes Handzeichen. Dabei sollten Sie nach Möglichkeit Blickkontakt zum nachfolgenden Verkehr aufnehmen.

Radwege


Ausgewiesene Radwege, die Sie am runden blauen Schild erkennen, müssen Sie nutzen, egal in welcher Richtung Sie unterwegs sind. Auf die Ausnahmen gehen wir unten noch ein.

Sind auf beiden Seiten der Straße Radwege mit einem blauen Schild ausgewiesen, so müssen Sie den Radweg in Fahrtrichtung nutzen.


In größeren Städten beziehungsweise Touristenregionen gibt es auch sogenannte Zweirichtungs­radwege, bei denen Fuß- und Radwege beider Richtungen nebeneinander liegen. Foto: W.-D. Ha­berland1.

Sie treffen drei verschiedene blaue Kennzeichen bei Radwegen an2:

Ausgewiesener Radweg (Zeichen 237)

Fahrradfahrer müssen diesen Weg nehmen. Für andere Verkehrsteil­nehmer ist die Nutzung verboten. Diese Radwege sind mindestens 1,50 m breit.

Gemeinsamer Geh- und Radweg (Zeichen 240)

Fahrradfahrer müssen diesen Weg nehmen. Auf Fußgänger, die den Weg ebenfalls nutzen dürfen, ist Rücksicht zu nehmen. Die Mindestbreite für einen gemeinsamen Geh- und Radweg beträgt 2,50 m innerorts und 2 m außerorts3

Getrennter Geh- und Radweg (Zeichen 241)

Fahrradfahrer müssen diesen Weg nehmen. Rad- und Gehweg sind op­tisch getrennt, meist durch eine weiße Linie oder durch einen anderen Belag des Radwegs. Der Radweg ist mindestens 1,50 m breit.

Besonderheiten

In einigen Fällen dürfen Sie auf der Straße fahren, auch wenn ein daneben liegender Radweg, wie oben beschrieben, ausgeschildert ist4:

  • Wenn der Radweg nicht straßenbegleitend ist: Dies ist der Fall, wenn er zu weit, beispiels­weise 5 Meter von der Hauptfahrbahn entfernt, geführt wird. Auch Radwege, die unabhän­gig von Straßen verlaufen, sind nicht straßenbegleitend.
  • Benutzbarkeit: Bei Situationen, die das Befahren unmöglich machen, beispielsweise Sperr­müll, parkende Autos, Baustellen, Schneewehen usw. können Sie stattdessen die Straße nutzen. Dies gilt auch, wenn die Straße im Winter geräumt, der Radweg aber von Schnee bedeckt ist. Wenn die Hindernisse nicht mehr bestehen, müssen Sie wieder auf den Radweg zurückkehren. Dies ist aber nicht nötig, falls es alle paar hundert Meter ein erneutes Hin­dernis auf dem Radweg gibt.
  • Auch wenn Sie vorhaben links abzubiegen, dürfen Sie rechtzeitig den Radweg verlassen, um sich korrekt auf der Straße einzuordnen.

Ist auf beiden Fahrbahnseiten ein Radweg ausgewiesen (Zeichen 237, 240 oder 241) und der Rad­weg auf Ihrer Fahrbahnseite unbenutzbar, dann dürfen Sie ebenfalls die Straße nutzen. Denn die Benutzung des Radwegs in Gegenrichtung ist nicht erlaubt.

Übrigens dürfen Sie auf keinen Fall den Gehweg nutzen, wenn der ausgewiesene Radweg blockiert beziehungsweise unbrauchbar ist.

Abhängig vom Einzelfall ist die Benutzung des Radwegs für mehrspurige Lastenfahrräder und Fahrräder mit Anhänger nicht zumutbar. In diesem Fall darf die Straße benutzt werden5. Gleiches gilt auch für einen geschlossenen Verband (siehe Kapitel Unterwegs in der Gruppe).

Fahrradstraßen

Fahrradstraßen6 (Zeichen 244) sind dem Fahrradverkehr vorbehal­ten.

Andere Fahrzeuge dürfen Fahrradstraßen nur verwenden, wenn dies durch ein Zusatzzeichen angezeigt wird. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt für alle Fahrzeuge 30 km/h, wobei Kraftfahrer gegebenenfalls die Geschwindigkeit reduzieren müssen, um Radfahrer nicht zu ge­fährden. Das nebeneinander Fahren mit Fahrrädern ist erlaubt.

Fahrradstraßen finden Sie derzeit nur in Kassel, Hannover, Münster, Berlin, Kiel, Essen und München.


Fahrradstraße in Kassel

Die Fahrradstraße in Kassel. Ein Zusatzkennzeichen erlaubt das Befahren mit PKW und Motorrad.

Radwege ohne Benutzungspflicht

Einige Radwege sind als solche erkennbar, aber nicht mit blauem Zeichen als Radweg ausgewie­sen. In diesem Fall dürfen Sie selbst entscheiden, ob Sie ihn nutzen, oder doch lieber die Fahrbahn nehmen. Autos dürfen übrigens diese Radwege weder befahren, noch dort halten oder gar parken.

Häufig wird ein Teil der Straße für Fahrradfahrer mit einer durchbrochenen Linie abgetrennt. Man spricht dann von einem Schutzstreifen7. Andere Verkehrsteilnehmer dürfen den Schutzstreifen kurzfristig überfahren, sofern kein Radfahrer dabei gefährdet wird. Das Halten ist auf einem so ab­gegrenzten Radweg für andere Verkehrsteilnehmer nicht erlaubt. Achtung: Bis zu einer Änderung der StVO im Jahr 20208 durften andere Verkehrsteilnehmer auf dem Schutzstreifen noch halten. Schutzstreifen sind mit einem weißen Fahrradsymbol auf der Fahrbahn markiert.

Ob die Radfahrer den Schutzstreifen nutzen müssen, hat der Gesetzgeber nie geregelt. Aus den Verkehrsregeln ergibt sich allerdings indirekt die Verwendungspflicht in Fahrtrichtung. Wie beim Radweg dürfen Sie den Schutzstreifen verlassen, wenn sich dort Hindernisse auftun, oder wenn Sie links abbiegen. Manchmal ist der Schutzstreifen mit dem blauen Zeichen 237 auch explizit als Radweg beschildert, sodass sich weitere Überlegungen erübrigen.


Schutzstreifen auf der Fahrbahn

Schutzstreifen auf der Fahrbahn. Foto: W.-D. Haberland9.

Gehwege mit Radbenutzung

Ab und zu werden ausgewiesene Gehwege nur selten von Fußgängern genutzt, weshalb dann Rad­fahrern ebenfalls dessen Nutzung gestattet wird. Es gibt auch häufig verkehrstechnische Gründe, den Gehweg für Radler freizugeben, beispielsweise bei sehr stark ausgeprägtem Autoverkehr, wenn für einen separaten Radweg kein Platz vorhanden ist.

Das Zeichen für Gehwege mit Radbenutzung ist »Gehweg« (Zeichen 239) mit Zusatz »Radfahrer frei«

Radfahrer sind nicht zur Nutzung verpflichtet, sondern können auch wei­terhin auf der Straße fahren.

Für die Radfahrer ist Schrittgeschwindigkeit vorgeschrieben, außerdem müssen sie besondere Rücksicht gegen Fußfänger walten lassen und ge­gebenenfalls anhalten.

Gleiches gilt auch für Fußgängerzonen (Zeichen 242.1) mit dem Schild »Radfahrer frei«

Wo Sie nie fahren dürfen

Dieses Kapitel haben wir für Menschen aufgenommen, die keinen Autoführerschein haben bezie­hungsweise bisher nur selten mit dem Fahrrad im Straßenverkehr unterwegs waren.

Fußgängerzonen sind mit dem Zeichen 242.1 dürfen Sie nicht mit dem Fahrrad durchfahren. Schieben ist allerdings erlaubt.

Tipp: Sie dürfen Ihr Pedelec als Tretroller benutzen. Dazu dürfen Sie nicht im Sattel sitzen, sondern stehen auf einem Pedal und stoßen sich wie auf einem Roller ab10. Dies ist übrigens auch auf Gehwegen erlaubt. Achten Sie aber darauf, niemanden zu gefährden!

Häufig gestatten dann Zusatzschilder trotzdem die Durchfahrt, beispiels­weise mit »Anwohner frei« (wenn Sie Anwohner sind oder einen An­wohner besuchen) oder »Fahrrad frei«. Ein Zusatzschild kann auch Uhr­zeiten angeben, zu denen man die Fußgängerzone befahren darf.

Mit Zeichen 267, »Verbot der Einfahrt« sind Straßen, die nur einseitig befahrbar sind, markiert. Meistens handelt es sich um Einbahnstraßen, weshalb Sie sich in Lebensgefahr begeben, wenn Sie sie dennoch nutzen. Die Kraftfahrer erwarten ja nicht, dass ihnen jemand entgegen kommt.

Abhängig von der örtlichen Situation, zum Beispiel, bei guter Einsehbar­keit, erlauben die Behörden mit dem Zusatzschild »Fahrrad frei« dennoch die Durchfahrt.

Ein Durchfahrtverbot für Fahrzeuge aller Art -- und damit auch Fahrräder -- ist mit dem Zeichen 250 markiert. Möchten Sie den Weg trotzdem nut­zen, dann müssen Sie Ihr Fahrrad schieben -- natürlich auf dem Gehweg.

Das Schild wird auch in Varianten aufgestellt, die Ihnen die Durchfahrt gestatteten. Siehe dazu Kapitel Welche Wege darf ich nutzen?

In welcher Richtung darf ich fahren?

Wie bereits in den anderen Kapiteln erwähnt, gilt für Radfahrer das Rechtsfahrgebot, egal ob Sie auf der Fahrbahn, einem Radweg, Schutzstreifen oder freigegebenen Gehweg unterwegs sind. Es gibt aber Ausnahmen:

  • Wenn nur links ein Radweg eingerichtet ist, müssen Sie diesen nutzen.
  • Sind rechts und links Radwege vorhanden und das blaue Radwegschild (Zeichen 237) auf der linken Seite mit dem Schild »Radfahrer frei« versehen, dann dürfen Sie auch den Rad­weg auf der anderen Fahrbahnseite nutzen. Dies ist außerorts die Regel, innerorts aber sehr selten11.
  • Ist ein Radweg auf der anderen Straßenseite nicht mit den runden blauen Zeichen 237, 240 oder 241, sondern nur mit »Radfahrer frei« beschildert, dann können, aber müssen ihn nicht benutzen.

Gesperrte Straßen (Zeichen 267) sowie Ein­bahnstraßen (Zeichen 220) dürfen in Gegen­richtung von Radfahrern genutzt werden, so­fern dort ein weißes Radfahrer-Schild dies er­laubt.

Übrigens müssen Kraftfahrer warten, falls der Radfahrer ein Hindernis auf seiner Seite um­fahren muss.

Bei der Ausfahrt gilt für den Radler rechts vor links.

Kinder im Straßenverkehr

Kleinkinder dürfen aus Sicherheitsgründen kein Pedelec, sondern nur ein Kinderrad nutzen. Des­halb erübrigen sich Pedelec-Touren mit dem Nachwuchs, sofern Sie nicht eine der im Kapitel Kinder transportieren beschriebenen Transportmöglichkeiten nutzen.

Der Vollständigkeit möchten wir aber trotzdem erwähnen, dass Kinder bis zum vollendeten achten Lebensjahr mit dem Fahrrad Gehwege benutzen müssen und nicht auf Radwegen, Radfahrstreifen oder Schutzstreifen fahren dürfen. Ab dem vollendeten achten Lebensjahr bis zum vollendeten zehnten Lebensjahr können Kinder wahlweise den Gehweg, oder wie Erwachsene, den Radweg beziehungsweise die Fahrbahn nutzen12.

Eine mindestens 16 Jahre alte Aufsichtsperson darf das Kind bis zum vollendeten achten Lebens­jahr auf dem Bürgersteig begleiten13.

16. Teil: Lesen Sie hier weiter


  1. (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Zweispuriger_Radweg_für_beide_Richtungen,_Treskowallee_Berlin.jpg), https://creati­vecommons.org/licenses/by-sa/4.0/legalcode

  2. Anlage 2 zu § 41 StVO: https://www.dvr.de/verkehrsrecht/stvo/anlage2.html

  3. Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VwV-StVO):\ http://www.verwaltungsvorschriften-im-internet.de/bsvwvbund_26012001_S3236420014.htm

  4. http://bernd.sluka.de/Radfahren/rechtlich.html

  5. VwV-StVO: Zu § 2, Abs. 4, Satz 2, Punkt II.2.a (Randziffer 23): http://bernd.sluka.de/Recht/StVO-VwV/VwV_zu_2.txt

  6. https://de.wikipedia.org/wiki/Fahrradstraße

  7. https://www.adfc-diepholz.de/schutzstreifen-auf-der-fahrbahn

  8. https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/K/stvo-novelle-bundesrat.html

  9. (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Zweispuriger_Radweg_für_beide_Richtungen,_Treskowallee_Berlin.jpg), https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/legalcode

  10. https://www.radsport-news.com/freizeit/freizeitnews_119385.htm

  11. https://www.adfc-nrw.de/fileadmin/dateien/Bottrop/Radverkehr/Zehn-Rechtsfragen-zum-Radfahren-ADFC-NRW-2015-Webversion_1.pdf 

  12. https://de.wikipedia.org/wiki/Radverkehrsanlage

  13. https://www.roland-rechtsschutz.de/blog/reise-verkehr/fahrrad-fahren/