Dies ist ein Auszug aus dem Buch Das Praxisbuch Pedelec für Einsteiger - Kaufberatung & Fahrpraxis
Autor: Rainer Gievers - Publiziert im Januar 2021
Die ersten Fahrradreifen bestanden im 19. Jahrhundert noch aus Holzrädern mit Eisenbändern, später aus Vollgummi. Heute kommen bei allen handelsüblichen Fahrrädern und Pedelecs nur luftgefüllte Fahrradreifen zum Einsatz.
Falls Sie sich übrigens interessieren, wie es sich mit Vollgummireifen fährt, empfehlen wir Ihnen mal ein Leihrad auszuprobieren. Einige Fahrradverleiher setzen tatsächlich wieder auf die wartungsärmeren Vollgummireifen.
Die Bestandteile eines Reifens1:
Lauffläche: Die konturierte Außenfläche besteht ebenfalls aus einer Gummimischung.
Schematische Darstellung des Fahrradreifens und der Felge. Abbildung: Deerwood2
Die früher üblichen Zollbezeichnungen haben sich bei den Reifengrößen erhalten. 1 Zoll sind umgerechnet 2,54 cm. Die Zollgröße gibt den Außendurchmesser des Reifens an.
Je nach Zielgruppe sind bei Pedelecs üblich:
Die Größen von Fahrradreifen sind durch die Europäische Reifen- und Felgennorm ETRTO (European Tire and Rim Technical Organization) genormt. Die älteren englischen und französischen finden aber weiterhin Verwendung4.

Wenn Sie einen Blick auf die Bereifung Ihres Fahrrads/Pedelecs werfen, finden Sie häufig drei Bezeichnungen vor. Bei diesem Schwalbereifen an einem Trekkingrad sind es: 40-622, 28×1.50 und 700x38 C:
Einige Besonderheiten sind bei den für Mountainbikes entwickelten Reifengrößen 29 Zoll und 27,5 Zoll zu beachten: 29 Zoll-Reifen haben den gleichen Innendurchmesser wie 28 Zoll, also 622 mm. 27,5 Zoll-Reifen sind für Mountainbikes gedacht, die ebenfalls vom Vorteil eines größeren Reifendurchmessers profitieren sollen, aber keinen Platz für 29 Zoll-Räder haben. Der Innendurchmesser beträgt hier 584 mm.
Seit einigen Jahren sind Reifen mit 27,5-Plus, 27,5+, 650B+ oder kurz B+ auf den Markt. Gemeint ist immer dasselbe: Laufräder mit einem Durchmesser von 27,5 Zoll, gepaart mit breiteren Reifen um 3,0 Zoll5.
Pedelecs sind schwerer als normale Fahrräder und beanspruchen die Reifen durch höhere Durchschnittsgeschwindigkeiten. Zwar macht der Gesetzgeber hier keine besonderen Vorschriften, trotzdem sollte man auf geeignete Reifen achten, damit nicht hoher Verschleiß an der Lauffläche beziehungsweise Pannen das Fahrvergnügen trüben6.

Von außen lässt sich die Reifenqualität nicht beurteilen. Der Hersteller Schwalbe kennzeichnet seine Pedelec-geeigneten Reifen deshalb mit E-BIKE READY und der Geschwindigkeitsangabe 25 oder 50 km/h.
Beim Hersteller Continental finden Sie dagegen das Symbol 25 oder 50 an der Reifenflanke.
Für die S Pedelecs gelten besondere Vorschriften, auf die wir bereits im Kapitel S Pedelec eingehen. Kurz zusammengefasst: Sie dürfen auf S Pedelecs nur Reifen aufziehen, die in den Zulassungspapieren aufgeführt sind.

Die Wahrscheinlichkeit, mal in einen Nagel oder eine Scherbe zu fahren, ist zwar gering, steigt aber mit der Zahl der zurückgelegten Kilometer. Deshalb ist fast jeder Reifen mit einem sogenannten Pannenschutz ausgestattet. Dabei handelt es sich um einen Belag aus Spezialkautschuk unterhalb der Lauffläche. Beim »Marathon Plus« von Schwalbe ist der Pannenschutzstreifen sogar 5 mm dick, sodass selbst Heftzwecken keinen Platten verursachen. Foto: www.schwalbe.com | pd-f
Für den Fahrkomfort sorgen mehrere Faktoren: Die Reifenbreite, der Luftdruck, das Profil und die Beschaffenheit der Karkasse, also des Reifenkörpers.
Je geringer die Reifenbreite, desto niedriger ist der Rollwiderstand und damit der Akkuverbrauch. Das ist der Grund, warum Rennräder immer schmale Reifen haben. Trotzdem hat sich nicht ohne Grund für Trekkingräder die Reifenbreite von 40 mm etabliert. Breite Reifen dämpfen Stöße (siehe Kapitel Luftdruck) und sinken auf unbefestigten Wegen nicht so leicht ein. Darüber hinaus bringen die Reifenhersteller in den breiten Reifen einen Pannenschutzstreifen unter, der den Rennradreifen aus Gewichtsgründen fehlt.
Der Wechsel zu einer geringen Reifenbreite macht wegen des Komfortverlustes und der Kosten keinen Sinn, denn Sie benötigen dann eine dünnere Felge und die angepasste Bremsen.
Der Luftdruck7 im Schlauch des Fahrradreifens hat nicht nur Einfluss auf den Fahrkomfort, sondern auch auf die Lebensdauer der Reifen. Mit einem hohen Luftdruck ist die Auflagefläche auf der Straße niedriger, damit sinkt der Rollwiderstand und damit der Akkuverbrauch. Das Fahrrad »fühlt« sich außerdem anders an. Im Gelände ist dagegen ein niedriger Luftdruck im Vorteil, weil sich die Auflagefläche und damit der »Grip« des Reifens verbessert. Gleiches gilt auch für den Fahrkomfort, denn der Reifen federt Stöße ab. Allerdings erhöht ein dauerhaft zu niedriger Luftdruck den Laufflächenabrieb und führt zu Rissen in der Reifenaußenseite.
Weil Sie mit dem Pedelec hauptsächlich auf der Straße beziehungsweise befestigten Wegen unterwegs sind, sollten Sie eher einen höheren Luftdruck wählen. Welcher Luftdruck ideal ist, hängt vom Gewicht des Fahrers, dem Reifen und dem gewünschten Fahrkomfort ab.

Auf der Reifenaußenseite ist angegeben, welcher Luftdruck zulässig ist. Bei diesem Schwalbe Marathon sind es 3,5 bis 6,0 Bar Druck.
Übrigens gilt: Je dünner der Reifen, desto höher ist der nötige Luftdruck. Rennradreifen mit 20 mm Breite benötigen ca. 9 Bar, während 60 mm breite Reifen nur auf 2 Bar aufgepumpt werden.
Für den idealen Reifendruck bei Trekkingrädern gibt es zahlreiche, sich teilweise widersprechende Empfehlungen. In der Regel dürften 3,5 Bar vorne und 4,0 Bar hinten (wo das größere Gewicht liegt) eine guten Kompromiss darstellen. Wiegen Sie mehr als 80 kg beziehungsweise führen Sie schweres Gepäck mit, wird der Reifen vielleicht platt wirken. In diesem Fall geben Sie noch etwas Druck hinzu. Achten Sie darauf, niemals den zulässigen Maximaldruck zu überschreiten!
Die Qualität der Karkasse, also des Reifenkörpers, hat großen Einfluss auf die Fahreigenschaften. Wie bereits oben erwähnt, besteht die Karkasse aus einem mehrlagigem Polyamid-Gewebe.
Als Maßeinheit für die Dichte des Karkassengewebes wird in EPI oder TPI (Ends per Inch, Threads per Inch = Fäden pro Zoll) angegeben. Ein Reifen ist umso hochwertiger, je engmaschiger die Karkasse gewebt ist. Die Vorteile sind ein geringerer Rollwiderstand, der sich durch die Walkarbeit des Reifens -- beim Abrollen auf der Straße plattet sich der Reifen ab8 -- ergibt und damit die Akkureichweite erhöht.
Reifen für Trekkingräder sind profiliert, damit sie auch auf unbefestigten Wegen genug Bodenhaftung haben. Auf der Straße sind dagegen profillose Reifen, sogenannte Slicks, im Vorteil, weil sie kaum Rollwiderstand bieten und auch bei Nässe unschlagbar auf der Straße haften (Fahrradreifen kennen wegen des Anpressdrucks kein Aquaplaning).
Sobald aber eine Straße nur leicht verschmutzt ist, spielen profilierte Reifen ihre Stärke aus. Trekkingreifen sind daher ein Kompromiss zwischen Straßenhaftung und Geländegängigkeit. Grobe Stollenreifen, die man an manchen Fahrrädern oder Pedelecs sieht, dienen deshalb dem Ego des Besitzers, sind aber fahrtechnisch auf der Straße eine Katastrophe.
Im Gegensatz zu Autoreifen müssen Sie abgefahrene Reifen ohne Profil nicht sofort ersetzen. Erst wenn der eingefärbte Pannenschutz sichtbar wird, ist der Austausch nötig.

Reifenprofil des Schwalbe Marathon.
Einen absoluten Schutz gegen Reifenpannen würden nur Vollgummireifen bieten. Sie können aber mit einigen Maßnahmen die Pannenhäufigkeit bei Ihren Luftreifen reduzieren9:
Wovon wir abraten:
Reifen- oder Schlauchtausch können Sie mit einigem Geschick auch selbst durchführen oder überlassen es einer Fahrradwerkstatt.
Eine Winterreifenpflicht gibt es für Fahrräder nicht12. Sofern die Reifen an Ihrem Trekkingrad noch genügend Profil haben, kommen Sie auch auf einer Schneedecke damit zurecht. Zusätzlich können Sie die Haftung verbessern, indem Sie die Luft in den Reifen auf den Minimaldruck (zum Luftdruck siehe Kapitel Luftdruck) reduzieren.
Sind Sie häufiger mit dem Pedelec im Winter unterwegs, beispielsweise, weil Sie damit zur Arbeit fahren, bietet sich das Aufziehen des Winterreifens Continental Contact Winter II an. Dieser besteht aus einer besonderen Gummimischung und hat ein spezielles Profil mit viel Grip.
Schwalbe produziert dagegen keine Winterreifen ohne Spikes und empfiehlt stattdessen für die kalten Jahreszeiten seinen Allwetterreifen Marathon GT 36513.
Spikes-Reifen, kurz »Spikes« sind Reifen, die mit kleinen Metallstiften versehen sind, welche auf Eis die Haftung erhöhen14. Spikes-Reifen sind in Deutschland für Autos verboten, für Fahrräder und Pedelecs aber erlaubt und auf vereisten Strecken durchaus sinnvoll. An S Pedelecs dürfen Sie dagegen keine Spikes-Reifen verwenden!
Unter den Namen15 »Ice Spiker Pro«, »Marathon Winter« und »Winter« hat Schwalbe drei verschiedene Spike-Reifen im Programm, die sich in ihren Fahreigenschaften unterscheiden:
Im Laufe des Fahrradlebens verlieren die Winterreifen einige Spikes, was aber für die Fahrtüchtigkeit kein Problem darstellt. Im Handel gibt es passendes Werkzeug, mit denen Sie Spikes neu in den Reifen einziehen.
Tipp: Reifen mit Spikes bedeuten extra Gewicht, das mitbewegt werden muss. Deshalb kann es sich lohnen, nur das Vorderrad mit Spikes auszustatten. Während nämlich ein wegrutschendes Vorderrad fast immer den Sturz bedeutet, ist ein rutschendes Hinterrad nicht ganz so riskant.

Wer auch bei einer geschlossenen Schneedecke nicht vom Radfahren lassen kann, ist mit Spikes-Reifen bestens beraten. Foto: www.pd-f.de / Kay Tkatzik
11. Teil: Lesen Sie hier weiter
https://wikipedalia.com/index.php/Fahrradreifenund\-schläuche
Deerwood iThe source code of this SVG is valid. This vector image was created with Inkscape. (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bicycle-wheel_cross_section.svg), „Bicycle-wheel cross section", Beschriftung, Lauffläche, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/legalcode
https://www.kcp-bikes.de/groessenberater ↩
https://www.fahrradreifen.de/reifeninfos-groessen.html
https://www.bike-magazin.de/komponenten/reifen_schlaeuche/reifen-im-plus-format-aktuelle-groessen-im-vergleich/a26795.html
https://www.kurbelix.de/ratgeber/reifen-schlaeuche/unterschiede-zwischen-normalen-fahrradreifen-und-speziellen-e-bike-reifen
https://www.fahrradmagazin.net/ratgeber/luftdruck-bei-fahrradreifen
https://www.fahrradmonteur.de/Reifenbreite_und_Rollwiderstand
https://www.schwalbe.com/de/pannenschutz.html
https://www.kurbelix.de/ratgeber/reifen-schlaeuche/vorteile-und-nachteile-von-latex-fahrradschlaeuchen ↩
https://www.tomsbikecorner.de/fahrrad-tipps/pannenschutzmittel-oder-ersatzschlauch-fuer-fahrradreifen ↩
https://utopia.de/ratgeber/fahrrad-winterreifen-das-hilft-bei-schnee-und-eis/
https://www.schwalbe.com/de/winterreifen.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Spikes_(Reifen)
https://www.schwalbe.com/de/spikes.html